Waltershausen, 22.05.2017
Nach langer Abstinenz war es wieder so weit: Das kleine Theater im Bräustüble Waltershausen füllte sich am Freitagabend rasch mit Zuschauern, die erwartungsvoll die steile Treppe erklommen. Die „Flotte Bühne Bad Königshofen“ hatte zu einem Zweipersonenstück eingeladen, eine Boulevardkomödie des französischen Erfolgsautors Eric Assous mit dem verheißungsvollen Titel „Glück“.
Die beiden Darsteller Daphne Hanika-Merz und Lutz Mertten gaben ein nicht mehr so ganz junges Paar, das in etwa zwei Stunden alle Höhen und Tiefen einer Beziehung in der zweiten Lebenshälfte durchläuft. Die Zuschauer durften diesen spannenden, witzigen, manchmal dramatischen Prozess aus nächster Nähe miterleben.
Geringen Platz geschickt genutzt
Darin liegt ein Teil des Charmes der Waltershäuser Bühne. Sie bietet wenig Platz, dafür aber ist das Publikum mitten im Geschehen und staunt zu Recht, wie geschickt der enge Raum der Bühne ausgenutzt und gegebenenfalls erweitert wird. In der einen Ecke steht das Sofa, in der anderen der Tisch, die beiden Darsteller wechseln behände von einem zum anderen. Da ist dann natürlich noch das Schlafzimmer, dem Blick des Zuschauers diskret entzogen. Doch der ahnt, auch hier spielt die Musik. Und es ergeben sich weitere Möglichkeiten. Wenige Stufen unterhalb der Bühne befindet sich eine Tür, genaugenommen die Tür, der gleich zu Beginn eine wesentliche Bedeutung zukommt.
Doch der Reihe nach: Louise, eine nicht sonderlich erfolgreiche Kinderbuchautorin, und Alexandre, durchaus erfolgreicher Betreiber des Restaurants „Provenzalischer Hirsch“, treffen sich zufällig, finden sich sympathisch und verbringen eine gemeinsame Nacht, die beiden eine gehörige Portion Glücksgefühl beschert. Am nächsten Morgen sehen sie sich zwangsläufig mit der Frage konfrontiert, wie es denn weitergehen soll. Da ergibt sich der erste Konflikt der noch jungen Beziehung. Sie möchte, dass er bleibt, er will so schnell wie möglich wieder weg, behauptet aber das Gegenteil.
Louise, mit sicherem weiblichen Instinkt ausgestattet, spürt, dass Alexandre es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, und zieht die Notbremse. Der Zweck heiligt schließlich die Mittel. Flink eilt sie hinab zu der bewussten Tür, verschließt sie und versteckt den Schlüssel in der Zuckerdose. So richtet sich das Augenmerk der Zuschauer weg von der Bühne auf die Tür. Wann wird sie sich wieder öffnen?
Bis es so weit ist, durchlaufen die beiden Akteure ein Wechselbad der Gefühle. Er versucht sich als Fassadenkletterer, hier blicken die Zuschauer gebannt auf das andere Ende der Bühne. Er wird doch nicht abstürzen? Sie bittet ihn, doch etwas Zucker in den Kaffee zu tun, er lehnt ab und verpasst so die Chance, den Schlüssel zu finden.
Die Wahrheit macht Probleme
Die Komödie sprüht vor Sprachwitz und verschafft den beiden Schauspielern eine ideale Plattform zur Entfaltung ihrer Talente: Lutz Mertten gibt gekonnt den eher steif wirkenden Alexandre, der sich ungern festlegt, in schwierigen Situationen gewohnheitsmäßig zur Notlüge greift, weil die Wahrheit Probleme schaffen würde, die er nicht mag.
Wozu soll er ihr sagen, dass er drei Kinder hat und seine Scheidung gerade erst anläuft? Sein eigentliches Interesse gilt ohnehin nur seinem Restaurant. In der Rolle der temperamentvollen Louise ist Daphne Hanika-Merz in ihrem Element: Sie weiß meistens, was sie will, aber auch sie ist nicht immer ganz ehrlich. So nimmt eine überaus turbulente Beziehungsgeschichte ihren Lauf. Es wird gestritten, diskutiert, gelogen und betrogen. Immer wieder aber finden die beiden zueinander und treten am Ende als frisch getrautes Paar vor das Publikum.
Unterstützt wurden die beiden Schauspieler von einem erfahrenen Team. Yvonne Graeff, die schon als Schülerin Teil der Flotten Bühne war und mittlerweile am Gymnasium Neuendettelsau unterrichtet, führte Regie. Ines Klör gestaltete Maske und Kostüme: beachtlich, wie rasch die beiden Darsteller ihr Outfit ändern und für hübsche Farbtupfer sorgen. Frank Helmerich führte die Tonregie, Wolfgang Klör setzte alle ins rechte Licht. Ja, und dann war noch die musikalische Untermalung, die mal gefühlvoll, mal etwas wehmütig gespielt von Jürgen Hoffmann (Piano) und Claudia Dunkelberg (Cello) für die rechte Stimmung sorgte.
Happy End mit Glückskeks
Die Antwort auf die Frage, wie man denn das Glück nun festhalten kann, bleibt auch am Ende des Stückes offen und der Zuschauer fragt sich zu Recht, ob es sich bei der Eheschließung wirklich um ein Happy End handelt. Man spürt, es wird wohl so sein wie im richtigen Leben, das Glück lässt sich nicht konservieren, es ist überaus fragil.
Praktische Hinweise zum Glücklichsein fanden die Besucher vielleicht in dem Päckchen mit je einem chinesischen Glückskeks, das auf jedem Stuhl lag, und das sie dann schließlich mit nach Hause nehmen durften.
Text und Bild MainPost 22.05.2017 skz